Ich gebe zu, das passiert mir selten: Vom Wirtschaftsminister des Landes Sachsen‑Anhalt, Sven Schulze, in die Jury des BESTFORM Awards berufen zu werden – das ist nicht alltäglich. Und für mich definitiv eine Ehre. Vielleicht wird es sogar ein einmaliges Erlebnis bleiben, umso intensiver habe ich diesen Prozess erlebt. Mit mittlerweile 21 Jahren in der sachsen-anhaltischen Kreativwirtschaft, davon viele als Unternehmer in einer Agentur mit Fokus auf strategische Kommunikation und individuelle Webprojekte, hat mich diese Berufung auch emotional erreicht. Weil sie zeigt: Das, was wir als Branche tun, wird gesehen – und zählt.
Die Juryarbeit selbst war herausfordernd, spannend und teilweise auch anstrengend – aber im besten Sinne. Wir hatten es mit über 100 Einreichungen zu tun, mehr als je zuvor, und die Qualität war – das sage ich ganz ohne PR‑Filter – beeindruckend. Ich war begeistert von der Vielfalt, von der Energie, von den Ideen, die da sichtbar wurden. Und ganz ehrlich: Ich habe mich früher oft gefragt, ob dieser Preis überhaupt für Leute wie uns gemacht ist. Als Agentur, als Kommunikationsstratege, als Digitalmensch. Irgendwie hatte der BESTFORM für mich lange diesen Stempel „Industriedesign“. Hochglanzprodukte, Prototypen, Form, Funktion – die „Form“ im Namen suggeriert das schon, aber ist da Raum für Kommunikation oder digitale Prozesse? Umso mehr hat es mich gefreut, dass wir als Jury uns bewusst dafür entschieden haben, diesen Eindruck aufzunehmen und zu hinterfragen – und etwas zu verändern.
Die Zusammensetzung der Jury war dabei wirklich stark und vielseitig. Wir waren ein Gremium aus Design, Wissenschaft, Wirtschaft, Medien und Förderung. Leute, die nicht nur gucken, was schön ist – sondern auch, was wirkt, was trägt, was Zukunft hat. Von Innovationsprofis wie Daniel Anderson (3DQR) oder Michael Meyer (Kärcher) über akademische Perspektiven aus der Burg Giebichenstein, der Hochschule Magdeburg-Stendal und der OVGU, bis hin zu Vertreter*innen aus Medien, Industrie und Investitionsbank – diese Vielfalt hat die Diskussionen intensiv, aber auch produktiv gemacht. Und sie hat gezeigt, dass Kreativität eben nicht nur Designobjekt ist, sondern Denkweise.
Wir haben den Award in zwei Kategorien aufgeteilt: „Product“ für Dinge, die es wirklich gibt, die schon umgesetzt wurden. Und „Concept“ für visionäre Ideen, für Projekte mit Potenzial, die vielleicht noch nicht am Markt sind, aber genau deshalb spannend. Das war mehr als eine formale Entscheidung. Es war ein Statement: Kreativität zeigt sich nicht nur im fertigen Produkt, sondern auch im Denken davor. Es geht nicht nur darum, was glänzt – sondern was anschiebt.
Die ausgezeichneten Projekte selbst sprechen eine klare Sprache: Vom modularen Möbelsystem aus recyceltem Sägemehl über medizintechnische Innovationen mit Goldfliegenlarven, bis hin zur kommunalen Imagekampagne, die die Toskana des Nordens filmisch in Szene setzt – die Bandbreite war enorm. Und sie war alles andere als beliebig. Was mich persönlich besonders gefreut hat: Genau diese Imagekampagne wurde mit dem zweiten Platz in der Kategorie Product ausgezeichnet – und ich durfte die Laudatio in Halle halten. Ein Moment, in dem vieles zusammenkam: Kommunikation als starkes Werkzeug, Design mit Haltung – und die Möglichkeit, genau das sichtbar zu machen.
Insgesamt war für mich spürbar, dass dieser Preis nicht mehr nur Schaufenster für einzelne Designleistungen ist, sondern ein Labor für Zukunftsgestaltung. Die Projekte erzählen von Transformation, von Verantwortung, von Mut. Sie verbinden kreative Ideen mit wirtschaftlicher Relevanz. Und sie zeigen, dass Sachsen-Anhalt kein kreatives Niemandsland ist – sondern ein Ort, an dem Dinge passieren. Gute Dinge. Relevante Dinge. Vielleicht nicht immer laut, aber dafür echt.
Ich nehme aus dieser Juryarbeit viel mit. Neue Perspektiven, neue Kontakte, neuen Respekt für das, was andere in meiner Branche leisten. Und vielleicht auch ein bisschen Stolz, selbst Teil dieser Szene zu sein – und sie in dieser Rolle mitgestaltet zu haben.
Wenn der Preis es schafft, diese Vielfalt auch in Zukunft sichtbar zu machen und gleichzeitig den Dialog zwischen Kreativen, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu fördern, dann ist er nicht nur „mehr Wert“, sondern schlicht: genau richtig.
Bilder © IMG/Anna Kolata













